Thronstreit: Philipp von Schwaben, Otto IV. und Friedrich II.

Thronstreit: Philipp von Schwaben, Otto IV. und Friedrich II.
Thronstreit: Philipp von Schwaben, Otto IV. und Friedrich II.
 
Friedrich, der Sohn des Stauferkaisers Heinrich VI. und Konstanzes, der Erbin des normannischen Königreiches Sizilien, war noch nicht drei Jahre alt, als sein Vater völlig überraschend im September 1197 starb. Obwohl das Kind bereits zum deutschen König gewählt und damit die Nachfolge eigentlich entschieden war, brachte der frühe Tod des Kaisers diejenigen politischen Kräfte auf den Plan, die eine Vereinigung Süditaliens mit dem Reich und eine darauf begründete staufische Vorherrschaft ablehnten: Das waren die Kaiserwitwe Konstanze, die, wie man wusste, die Deutschen nie geliebt hatte und der es allein darum ging, ihrem Sohn ihr Erbkönigreich Sizilien zu erhalten; dann der Papst, der eine Umklammerung des Kirchenstaates fürchtete und deshalb zu verhindern suchte, dass der Erbe Siziliens zugleich deutscher König war; und schließlich eine Gruppe stauferfeindlicher Fürsten in Deutschland. Als sie hörten, dass Konstanze für ihren Sohn auf die deutsche Königswürde verzichtet hatte, bereiteten sie die Königswahl Ottos, eines Sohnes Heinrichs des Löwen, vor. Aber die Stauferpartei kam ihnen zuvor: Sie wählte den Bruder des verstorbenen Kaisers, Herzog Philipp von Schwaben, zum König, ohne allerdings die Königswahl Ottos dadurch verhindern zu können. Seit dem Jahre 1198 hatte das deutsche Reich mit dem Welfen Otto IV. und dem Staufer Philipp von Schwaben zwei Könige, die sich gegenseitig bekämpften. Zehn Jahre dauerten die Auseinandersetzungen, in denen Philipp von Schwaben zunehmend an Unterstützung gewann. Da wurde Philipp am 21. Juni 1208 aus Privatrache ermordet. Otto IV. erreichte weitgehende Anerkennung als König, bis er dem »Kind von Apulien«, Friedrich II., weichen musste, der 1212 nach Deutschland kam, um sein väterliches staufisches Erbe einzufordern, und bald allgemeine Anerkennung als König fand.
 
Der Thronstreit von 1198 gilt als einer der Wendepunkte der deutschen Geschichte. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts hatten die Herrscher der westeuropäischen Königreiche begonnen, die unabhängige Stellung des Hochadels zu beschneiden und Zentralbehörden im Dienste des Königtums zu errichten, um die königliche Politik im Lande durchzusetzen. Der Thronstreit verhinderte, dass die von Friedrich Barbarossa geschaffenen Ansätze weiterverfolgt werden konnten. Jede der beiden Parteien versuchte, ihre Anhängerschaft im Hochadel durch die Verleihung von Privilegien zu vermehren. Dadurch wurde besonders die Stellung der Reichsfürsten (siehe auch Reichsfürst) gestärkt. Der Thronstreit gilt als ein wichtiger Grund dafür, dass die deutschen Könige der Folgezeit nicht wie die Könige von Frankreich und England einen Einheitsstaat aufbauen konnten.

Universal-Lexikon. 2012.

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